Das Erhabene in der Kunst um 1800

Kunsthistoriker der Universität Jena startet Forschungsprojekt im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs der DFG

Vergleiche gehören zum alltäglichen Handwerkszeug des Menschen, um sich in der Welt zu orientieren. Sie dienen der Einordnung und Unterscheidung, sie ermöglichen uns zu beurteilen und zu differenzieren. Zuweilen stoßen wir jedoch an die Grenze des Vergleichbaren. Eine solche Grenze möchte Prof. Dr. Johannes Grave von der Friedrich-Schiller-Universität Jena ausloten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) bewilligte dem Jenaer Kunsthistoriker die Förderung des Forschungsprojektes „Bild-Vergleiche. Praktiken der Unvergleichbarkeit und die Theorie des Erhabenen“ für die Dauer von vier Jahren. Das Projekt gehört zum Sonderforschungsbereich 1288 „Praktiken des Vergleichens. Die Welt ordnen und verändern“ der Universität Bielefeld, wo Johannes Grave bis 2019 lehrte.

Eine Spur führt nach Jena zu Friedrich Schiller

„Ausgehend von Kants Begriff des Erhabenen wollen wir schauen, wie das Erhabene in der Kunst um 1800 dargestellt wurde“, sagt Prof. Grave. Wobei zu untersuchen sei, inwieweit die philosophische Kategorie des Erhabenen – bei Kant etwas, das sich aufgrund seiner unermesslichen Größe dem Vergleich entzieht – in künstlerischen Darstellungen überhaupt einen Niederschlag findet. Beispiele sind Darstellungen des unendlich erscheinenden Meeres oder hoher Gebirge. Als Forschungsgegenstand nennt Johannes Grave u. a. das Bild „Der Mönch am Meer“ von Caspar David Friedrich. In die Überlegungen zum Erhabenen werden zudem Philosophen vor Kant, etwa Edmund Burke, und Autoren nach Kant einbezogen. Eine Spur führt sogar nach Jena: „Friedrich Schiller hat sich mit dem Erhabenen im Drama beschäftigt, weitere Beiträge lieferte der Kunsttheoretiker Carl Ludwig Fernow“, sagt Johannes Grave.

Das Erhabene in der Kunst um 1800
Prof. Dr. Johannes Grave, Institut für Kunst und Kulturwissenschaften, Friedrich-Schiller-Universität Jena, aufgenommen am 30.10.2019. Foto: Anne Günther/Uni Jena

Bei Kant heißt es, das Erhabene übertreffe jeden Maßstab der Sinne, in der Kunst sei es nicht möglich. Prof. Grave möchte gemeinsam mit seinem Team untersuchen, welche „Wahrnehmungsangebote“ die Künstler des frühen 19. Jahrhunderts dennoch in Bezug auf das Erhabene unterbreitet haben. Dazu sollen die Bilder mit den klassischen Instrumenten der Kunstgeschichte analysiert werden. Das schlichte Ziel dabei: Erkenntnisgewinn zu einer kunsthistorischen Frage, aber auch zu einem noch heute diskutierten philosophischen Problem. Johannes Grave sagt, es sei gewissermaßen geisteswissenschaftliche Grundlagenforschung, die er und sein Team betreiben werden.

Die DFG fördert das gerade angelaufene Forschungsprojekt zu Praktiken der Unvergleichbarkeit und der Theorie des Erhabenen mit einer Gesamtsumme von gut 300.000 Euro für die Dauer des Projekts. Die Ergebnisse der auf vier Jahre veranschlagten Forschung sollen in einer Publikation ihren Niederschlag finden.

Info, Axel Burchardt // FSU JENA