Den Geruchsinn digitalisieren

Wessen Körpergeruch an Knoblauch erinnert, sollte rasch einen Arzt aufsuchen – es könnte eine Arsenvergiftung vorliegen. Ein Arztbesuch ist auch denen zu raten, deren Schweiß faulig riecht – Skorbut könnte die Ursache sein. Körpergerüche spielen im Leben eine wichtige Rolle – als soziale Norm, beim Kontakt zwischen Baby und Eltern oder beim Erkennen von Krankheiten. Geschulte menschliche Nasen entnehmen aus Gerüchen eine Vielzahl von Informationen. Doch diesen Riechvorgang könnten auch elektronische Hilfsmittel übernehmen, die dauerhaft und kostengünstig durch eine Geruchsanalyse wichtige Informationen erzielen.

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Für verschiedene Einsatzbereiche gibt es bereits sogenannte elektronische Nasen (eNoses), ein echter Durchbruch bei der Digitalisierung des Geruchssinnes steht allerdings noch aus. Dabei könnte die elektronische Erkennung von Gerüchen unter anderem das Gesundheitswesen revolutionieren. Hier will das Forschungsprojekt SMELLODI ansetzen.

Gerade ist das von der Europäischen Union (EU) mit rd. 3 Millionen Euro geförderte Projekt „Smart Electronic Olfaction for Body Odor Diagnostics“ – kurz SMELLODI – gestartet. Die beteiligten Partnerinstitute aus Deutschland, Israel und Finnland wollen in den kommenden drei Jahren gemeinsam intelligente elektronische Sensoren entwickeln, die gesunde und durch Krankheit veränderte Körpergerüche erkennen und digital übertragen können. Diese Technologie soll den Weg für die Digitalisierung des Geruchsinns ebnen.

Symbolbild Riechen: Im neuen Forschungsprojekt sollen besondere elektronische Nasen entwickelt werden. (Foto: Anne Günther/Universität Jena)
Symbolbild Riechen, aufgenommen bei der Langen Nacht der Wissenschaften im Geruchslabor der Universität Jena, aufgenommen in Jena am 23.08.2019. Foto: Anne Günther/Uni Jena
„Der menschliche Körpergeruch wird unter anderem durch die Ernährung, aktuelle Entzündungsprozesse und den Hormonhaushalt beeinflusst“, erläutert die Psychologin Prof. Dr. Ilona Croy von der Universität Jena, die gemeinsam mit Dr. Alexander Croy aus Jenas Physikalischer Chemie am Projekt beteiligt ist. „Folglich können Veränderungen des Kör-pergeruchs Hinweise auf Krankheiten liefern – mitunter deutlich früher als andere diagnostische Instrumente“, sagt Ilona Croy. Eine eNose, die Veränderungen im Körpergeruch erkennt, könnte daher wertvolle Informationen verfügbar und interpretierbar machen, die in der Medizin bislang weitgehend ungenutzt bleiben.

SMELLODI – „Smart Electronic Olfaction for Body Odor Diagnostics“

Die in SMELLODI angedachte Technologie hat nach Meinung der Projektpartner das Potenzial, ein schnelles, unmittelbares und nicht-invasives Diagnoseinstrument zu werden. Mit dem Aufkommen preiswerter, umweltfreundlicher und biokompatibler Sensorgeräte könnte die Gesundheitsüberwachung von Körpergerüchen die meist komplizierten Verfahren, die in spezialisierten Krankenhäusern eingesetzt werden, in eine nicht-exklusive Technologie für den Einzelnen verwandeln.
 
Psychologin Prof. Dr. Ilona Croy von der Universität Jena ist am Projekt SMELLODI beteiligt. (Foto: Anne Günther/Universität Jena)
Prof. Dr. Ilona Croy, Professur für Klinische Psychologie am Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena, aufgenommen am 29.06.2021 in Jena. Foto. Anne Günther/Universität Jena
Darüber hinaus gibt es viele weitere Anwendungsgebiete. Ein elektronischer Geruchssinn wird aller Voraussicht nach das „Smart Home“ der nächsten Generation prägen (z. B. mit Kühlschränken, die die Qualität von Lebensmitteln überwachen), industrielle Prozesse verbessern (z. B. durch den Einsatz von Robotern, die Fehlfunktionen entdecken) sowie die Sicherheit und Umweltüberwachung erleichtern. „Die Marktperspektiven für eine solche Technologie sind enorm und reichen von Geräten für den Massenmarkt bis hin zu hoch-spezialisierten Diagnosegeräten“, sagt Alexander Croy. Daher ist es wenig verwunderlich, dass SMELLODI zu den nur 6 Prozent der Projekte gehört, die die EU im Rahmen ihres Förderprogramms „Horizon Europe EIC Pathfinder Open 2021“ ausgewählt hat.
Zum Konsortium gehören neben der Friedrich-Schiller-Universität Jena, die Hebräische Universität Jerusalem aus Israel, die Universität Tampere aus Finnland, das Dresdner Startup SmartNanotubes Technologies GmbH sowie die Technische Universität Dresden, die das Projekt koordiniert.
 
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Info, Vivien Busse // UNI Jena 
Fotografiken, Anne Günther // UNI Jena