Vogelgrippe H5N1 erreicht die Antarktis: Forscher der Uni Jena warnen

Die Vogelgrippe H5N1, die weltweit bereits dramatische Auswirkungen auf Tierpopulationen hatte, ist nun auch in der Antarktis angekommen. Forschende der Universität Jena dokumentieren alarmierende Befunde und warnen vor den Folgen für die empfindlichen Ökosysteme am südlichsten Ende der Erde.

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Nachweis auf King George Island

Zum ersten Mal entdeckte das Forschungsteam um Polarökologin Christina Braun 2025 deutliche Hinweise auf das Virus H5N1 auf der Fildes-Halbinsel von King George Island. Bereits in den Jahren zuvor war die Krankheit auf der Insel Südgeorgien (2023) und James Ross Island (2024) nachgewiesen worden. Die aktuelle Expedition offenbarte eine auffällige Sterblichkeit unter Seevögeln, vor allem bei Skuas (Raubmöwen).

Ein einzigartiges Langzeitprojekt seit 1979

Die Arbeitsgruppe Polar- und Ornitho-Ökologie der Universität Jena erforscht seit 1979 die Entwicklung antarktischer Brutvögel. Im Fokus stehen 14 Arten, darunter Zügel-, Adélie- und Eselspinguine sowie Riesensturmvögel. Dank dieser weltweit einzigartigen Langzeitstudie lassen sich Trends wie der Rückgang bestimmter Arten und die Zunahme anderer exakt dokumentieren.

Neben den Beständen erheben die Forschenden auch Daten zu angeschwemmtem Müll. 2025 fanden sie durchschnittlich ein Abfallobjekt pro Meter Küstenlinie – ein hoher Wert für eine Region, die fast unbewohnt ist.

Drastischer Anstieg toter Vögel

Normalerweise registriert das Team während einer zweimonatigen Saison nur wenige verendete Tiere. In der jüngsten Expedition wurden jedoch 52 tote Vögel entdeckt – eine außergewöhnlich hohe Zahl. Probenanalysen durch Partnerinstitute wie das Alfred-Wegener-Institut bestätigten: Es handelt sich um den hochpathogenen Stamm H5N1.

Eine der Raubmöwen (Skua), die das Jenaer Team während seiner Expedition tot aufgefunden hat (Foto: Katharina Engl)
Eine der Raubmöwen (Skua), die das Jenaer Team während seiner Expedition tot aufgefunden hat (Foto: Katharina Engl)

Gefahr für ganze Kolonien

Die Gefahr einer rasanten Ausbreitung ist groß. Nur rund zwei Prozent der Antarktis sind eisfrei, sodass die Vögel in dichten Kolonien brüten. Ein Virus wie H5N1 kann in solchen Populationen zu einem massiven Zusammenbruch führen. Auch das Risiko für den Menschen ist nicht zu unterschätzen: In Südamerika wurde H5N1 bereits bei Robben, Seelöwen und sogar Menschen nach direktem Kontakt nachgewiesen.

Klimawandel als zusätzlicher Stressfaktor

Neben der Vogelgrippe verändert der Klimawandel die Artenzusammensetzung deutlich. Kapsturmvögel, früher in Hunderten vertreten, sind inzwischen verschwunden. Gleichzeitig profitieren Arten wie Riesensturmvögel und Eselspinguine von den veränderten Bedingungen. Besonders betroffen sind hingegen Adélie- und Zügelpinguine, deren Bestände stark zurückgehen.

Diese Veränderungen sind alarmierend, da sie zeigen, wie sich gleich mehrere Bedrohungen – Krankheit und Klimawandel – gegenseitig verstärken.

Studentin Julia Engelhardt hat während der Expedition 2024/25 die Arbeit des Forschungsteams in der Antarktis unterstützt (Foto: Christina Braun/Universität Jena
Studentin Julia Engelhardt hat während der Expedition 2024/25 die Arbeit des Forschungsteams in der Antarktis unterstützt (Foto: Christina Braun/Universität Jena

Forschung mit Studierenden

Die Expeditionen der Uni Jena bieten auch Studierenden des Masterstudiengangs Evolution, Ecology and Systematics praxisnahe Einblicke. Sie begleiten die Forschungen, sammeln Daten und legen täglich viele Kilometer zu Fuß zurück. Die Arbeit in international vernetzten Teams vermittelt nicht nur wissenschaftliche Methoden, sondern auch wertvolle Kompetenzen in Zusammenarbeit und Kommunikation.

Blick in die Zukunft

Wie sich die Vogelgrippe auf lange Sicht auf die antarktischen Vogelpopulationen auswirken wird, ist noch unklar. Die Forschenden der Universität Jena wollen mit weiteren Expeditionen Antworten finden. Bereits im November startet eine neue Mission, um die Situation vor Ort weiter zu dokumentieren. Klar ist: Nur durch kontinuierliche Forschung lassen sich die dramatischen Veränderungen im Lebensraum Antarktis nachvollziehen – und vielleicht Strategien entwickeln, um bedrohte Arten zu schützen.

Info, UNI Jena | Fotografiken, Katharina Engl und Christina Braun // UNI Jena | Veranstaltungen im Eventkalender